Alleine am zweiten Testtag fällt bei unserem iPhone die Fernbedienung dreimal aus. Die Lösung ist aber recht simpel und folgt der alten IT-Frage "Have you tried turning it off and on again?". Vorurteile besagen, dass Aus- und Wiedereinschalten nur bei Microsoft-Produkten hilft. Für uns gilt das jetzt offiziell auch für Apple-Geräte. Stecker raus, Stecker rein, danach funktioniert alles wieder. Objektiv gesehen verliert der Anwender dadurch pro Tag vielleicht ein paar Sekunden, es ist also nicht der Rede wert. Subjektiv nervt es aber, wenn man mitten im Musikgenuss nichts mehr steuern kann.Im Schnitt fällt der Kontrollmechanismus in der ersten Woche einmal pro Tag aus. Die Audiowiedergabe wird glücklicherweise nicht beeinflusst. Uns wundert allerdings, dass wir kein System erkennen. Manchmal fällt die Steuerungseinheit nach ein paar Minuten aus, manchmal erst am Abend eines Tages mit viel Musikgenuss unterwegs. Irgendwann fällt uns allerdings auf, dass der Stecker im iPhone 6 nicht so fest sitzt wie im iPad und uns kommt ein Verdacht: Staub im Anschluss.
Das Problem an sich kennen wir als Hosentaschen-Smartphone-Nutzer allzu gut. Ein bisschen Staub ist in der Hosentasche normal, und während der Klinkenanschluss bei uns wegen so einer Situation nur etwa einmal alle zwei Jahre gereinigt werden muss, ist die Lightning-Buchse empfindlicher. Einmal alle sechs Monate sollte man putzen, sonst klappt's mit dem Ladevorgang nicht. Lightning ist für Audio offenbar noch viel empfindlicher als beim Laden, was die Sauberkeit der Buchse angeht. Mit dem Laden haben wir nämlich keine Probleme.Eigentlich wäre das Problem auszuschließen, denn die Anschlusszungen sind lang und kurze Aussetzer sollte das Betriebssystem eigentlich abfangen. Wir versuchten, mit Rütteln am Stecker das Problem zu provozieren, was nicht gelang. Es blieb zufällig. Nichtsdestotrotz half die Reinigung. Eine lächerliche Menge Staub schaufelten wir mühsam aus der Buchse, dank eines Nähsets und einer guten Taschenlampe. In der zweiten Woche trat der Ausfall der Kontrollen nicht mehr auf. Stattdessen hatten wir ein neues Problem: Die Musikwiedergabe stoppte ab und an einfach.
Bei genauer Betrachtung der Steckverbindung war immer noch kein perfektes Einstecken möglich, aber selbst mit Makroobjektiv (siehe letztes Foto) und der Taschenlampe im hellsten Modus konnten wir den Übeltäter nicht ausmachen. Wir waren trotzdem zufrieden. Denn eine gestoppte Musikwiedergabe ließ sich einfach wieder starten und unsere Ansprüche an die Funktionsfähigkeit von Hardware waren nach zwei Wochen schlicht gesunken. Mit iOS 10.1 hegten wir etwas die Hoffnung, dass Apple intelligenter mit Aussetzern umgeht. Doch die Hoffnung wurde nicht erfüllt, auch mit der neuen Version gab es ab und an Aussetzer. Ohne gründliche Reinigung geht es nicht.
Der Aufwand, den wir betreiben mussten, ist allerdings viel zu hoch. In der Not hat man nicht unbedingt eine Nadel und eine Taschenlampe dabei, um die fein vom Stecker zerdrückten Staubkörner aus den Ecken zu befreien. Der alte 30-Pin-Anschluss ließ sich damals besser reinigen.Hier hat Apple leider in vollem Maße versagt und etwas geschafft, was wir nicht für möglich gehalten hätten: in ein fertiges simples System neue Bugs einzubauen und eine Konstruktion mit Lightning-Audio zu nutzen, die sehr empfindlich auf Staub reagiert und seitens des Betriebssystems nicht abgefangen wird. Mit der Klinke passiert so etwas jedenfalls nicht.
Uns nervt allerdings nicht nur die Steuerung der Musik, die praktische Handhabung ändert sich auch. Manche Änderungen sind gravierend, andere eher harmlos. Etwas umgewöhnen muss man sich beispielsweise bei der Haltung, denn der Audioausgang ist mit Lightning in der Mitte. Rechtshänder stabilisieren das iPhone gerne mit dem kleinen Finger unten und halten den mittig neben der Klinkenbuchse. Diese Verschiebung ist aber kein Problem. Die Haltung ist auch mit mittigem iPhone-Stecker stabil und man gewöhnt sich fix dran. Schließlich halten wir das Smartphone mit angeschlossenem Akkupack auch oft so.
Schwerwiegender ist der Umstand, dass der Lightning-Anschluss im Vergleich zur Klinke ziemlich locker ist. Wobei wir hier zwischen der ersten Woche und der zweiten Praxiswoche unterscheiden müssen. In der ersten Woche war uns das Staubproblem noch nicht bewusst.Für die Aufgabe ist die Verbindung zwischen Lightning-Stecker und Lightning-Buchse fest genug. Es ist nicht so, dass der Stecker sich in einer engen Hosentasche einfach löst. Auch seitlicher Druck hat keine Auswirkungen. Wir hatten anderes erwartet, doch die Einstecktiefe ist ausreichend.Anders verhält es sich bei Grenzsituationen. Wer kennt das nicht, dass das iPhone am Ohrhörer baumelt, nachdem man etwas unachtsam war? Ist die Klinkenbuchse als Sicherung vorhanden, riskieren wir es sogar, Fotos von Brücken herunter mit potenziell freiem Fall ins Salzwasser zu schießen, oder halten das iPhone etwas lockerer bei der Bedienung. Die Klinkensicherung hält normalerweise so fest, dass man beim engen Sitzen in der U-Bahn meist das iPhone am Kopfhörerkabel herausziehen kann, was wir regelmäßig machten, um den Nachbarn nicht zu sehr mit Bewegungen zu nerven. Damit ist mit Lightning Schluss. Bei unseren Versuchen ziehen wir nur den Stecker heraus. Und wenn wir es doch schaffen, riskieren wir einen Glasbruch.
Wir haben uns leider so sehr an die Klinkenvorteile gewöhnt, dass wir das iPhone 6 einfach am Kabel rauszogen, wo es sich plötzlich löste und aus Hüfthöhe auf die Fußgängerfurt knallte. Da das iPhone 6 ziemlich scharfkantig bricht, ist das nicht zu unterschätzen.Wie fest der Stecker am Gerät hält, hängt bei Lightning-Audio davon ab, wie viel Staub im Anschluss ist. Leider entwickelt sich die Staubproblematik schleichend und vom Anwender weitgehend unbemerkt - bis es zu spät ist. Bei der Klinke ist das anders. Dort versagt zuerst der Ton durch zu viel Staub. An der Stabilität ändert sich unserer Erfahrung nach nichts. Und wenn der Ton versagt, wird der Anwender automatisch zum Handeln gezwungen. Diese Sicherung fehlt Lightning, denn auch ein leicht lockerer Stecker funktioniert noch.
Nach unserer Reinigungsaktion stellten wir fest, dass der Lightning-Anschluss deutlich besser saß. Allenfalls bei hektischem Zug löste sich der Lightning-Anschluss noch etwas leichter als die Klinke. Die Klinke hat einen Vorteil beim Ziehen: Da sie nicht mittig sitzt, wirken die Kräfte an einer anderen Stelle. Hängt das iPhone an der Klinke, dann hängt es schief. Mit ruckartigem Ziehen bekommt man den Stecker schwerer aus der Buchse. Das gilt dann auch für ein mit Klinkenstecker fallendes iPhone aus Hüfthöhe. Der mittige Lightning-Anschluss hingegen bietet keinen zusätzlichen Widerstand durch eine Schieflage. Es mag sein, dass rein von der Verbindung der Lightning-Stecker nur minimal schwächer ist als der Klinkenstecker, doch die Position der Klinkenbuchse verbessert die Lage in Grenzbereichen zusätzlich.
Theoretisch gibt es für Nutzer von Lightning-Ohrhörern einen mechanischen Vorteil, wenn sie die Buchse dauerhaft mit den Ohrhörern belegen. Feiner Hosentaschenstaub dringt durch das konstante Belegen der Buchse nicht ein. Der Anwender muss nicht mehr so häufig putzen. Entsprechende Effekte können unserer Einschätzung nach aber frühestens nach einem Jahr erkennbar werden.Es bleibt aber dabei: Auch mechanisch ist die Lightning-Buchse der Klinkenbuchse unterlegen. Bei einem Neugerät mag das noch kaum unterscheidbar sein. Spätestens nach einem halben Jahr dürften sich aber Unterschiede zeigen. Bei Geräten wie dem iPhone 6, immerhin zwei Generationen vor dem iPhone 7, zeigt sich das leider, wie bei unserem Gerät, sofort, wenn der Nutzer dazu neigt, sein Smartphone in der Hosentasche zu tragen. Handtaschennutzer dürften nicht so schnell betroffen sein. Selbiges gilt für iPads. Hier mussten wir noch nie eine Reinigung durchführen.
Die folgenden Probleme betrachten wir nur der Vollständigkeit halber. Sie sind teils nicht lösbar und werden von Apple bewusst in Kauf genommen. Wer Lightning-Audio benutzt, der kann beispielsweise den Akku nicht gleichzeitig laden. Das kann ziemlich nerven, wie ein Praxisbeispiel zeigt. Eigentlich wollten wir uns in dem staugeplagten überfüllten Nahverkehrssystem von Hongkong etwas entspannen. Doch wir verpassten den Ausstieg und navigierten mit Stöpseln im Ohr zu Fuß durch die Stadt und durch eine unübersichtliche Riesenbaustelle. Natürlich schwächelte mittendrin der Akku, das Akkupack beanspruchte unsere Lightning-Buchse, und wir mussten ohne Musikentspannung einen alternativen Weg suchen. So etwas mag nicht häufig vorkommen, doch wenn es passiert, bereut man als Anwender schnell die Anschaffung eines Lightning-Ohrhörers.