Ernsthaftes Arbeitswerkzeug für Autoren oder ultimatives Hipster-Gadget? Wir haben uns eine Schreibmaschine mit E-Ink-Display und Cloud-Anschluss angeschaut und fragen uns, wer das Produkt kaufen will.Unser erster Impuls, als wir im Internet auf die Astrohaus Freewrite gestoßen sind: Die wollen wir haben. Das ursprünglich per Crowdfunding realisierte Gerät soll Autoren ein ablenkungsfreies Schreiben von Texten ermöglichen und das klassische Gefühl einer Schreibmaschine zumindest teilweise nachahmen. Damit die Autoren sich keine Sorgen um ihre Texte machen müssen, werden diese automatisch bei Cloud-Diensten gespeichert. Ob die ungewöhnliche Umsetzung gelingt, klären wir im Test.
Das Gerät ist hochwertig verarbeitet, das Chassis besteht aus einem schwarz lackierten Metallgehäuse, der Boden hingegen aus einer Plastikabdeckung. Im Kontrast dazu fallen die grauweißen Tasten der hochwertigen mechanischen Tastatur auf. Darüber hinaus gibt es noch zwei Drehschalter mit jeweils drei Positionen - für die WLAN-Konfiguration und verschiedene Speicher- beziehungsweise Synchronisierungsoptionen. Mit 1,8 kg wiegt das Gerät ungefähr so viel wie ein durchschnittlicher 15-Zoll-Laptop.Mittig befindet sich ein E-Ink-Display, auf dem abwechselnd verschiedene Bildschirmschoner angezeigt werden, die die Konterfeis bekannter Autoren wie William Shakespeare zeigen. Unterhalb des Hauptdisplays befindet sich ein kleinerer Anzeigebereich. Booten wir das Gerät mit dem roten Einschaltknopf, dauert es eine Weile, bis wir mit dem Schreiben beginnen können - genauer gesagt 45 Sekunden. Das finden wir deutlich zu lang, sollte eine Schreibmaschine doch im Vergleich mit einem Computer dadurch glänzen, dass wir ohne Wartezeit mit dem Schreiben beginnen können.
Ist das Gerät erst einmal gebootet, empfängt es uns mit einem leeren Bildschirm. Über ein klassisches Menü verfügt die Freewrite nicht, um nicht vom eigentlichen Benutzungszweck abzulenken. Einige Einstellungen lassen sich vornehmen - allerdings nur über die Weboberfläche des Herstellers.Dort können andere Tastaturlayouts hinzugefügt werden, wobei die Beschriftung der Tasten selbst natürlich beim US-Standard bleibt. Die verschiedenen installierten Keyboard-Layouts können dann am Gerät durchgeschaltet werden. Andere physische Tastaturlayouts können derzeit nicht bestellt werden, Nutzer könnten nur mit Aufklebern oder alternativen Keycaps nachhelfen.Die Verbindung mit einem WLAN wird hergestellt, indem der entsprechende Schalter auf "New" bewegt wird. Dann erscheinen erkannte Netze im Display, Nutzer navigieren sich mit Zahlen zum richtigen WLAN und geben ihr Passwort ein.
Das funktioniert jedoch nur in normalen Netzen, ohne Captive Portal. Gerade in Deutschland dürfte es also in den meisten Cafés und Hotels nicht möglich sein, eine Verbindung mit dem Internet herzustellen und die Synchronisierung zu aktivieren. An der Verschlüsselung gibt es hingegen nichts auszusetzen, unterstützt wird WPA 2 AES/TKIP.
Auch sonst weist die Standardkonfiguration keine offensichtlichen Mängel auf: Der Nutzer wird bei der ersten Verwendung aufgefordert, einen Account zum Synchronisieren der Daten zu erstellen - direkt auf der Schreibmaschine. Das funktioniert gut und garantiert eine Absicherung. Ein Scan mit Nmap zeigt, dass das Gerät keine Ports nach außen öffnet.
Die Verbindung zum Cloud-Dienst des Herstellers erfolgt verschlüsselt, der SSL-Test von Qualys bescheinigt dem Hersteller eine anständige Arbeit. Veraltete SSL-Versionen oder Algorithmen werden nicht eingesetzt, verzichten muss der Nutzer aber auf den Downgrade-Schutz HTTP Strict Transport Security (HSTS) und Public Key Certificate Pinning (HPKP).Auch sonst können Nutzer Sicherheitsoptionen einstellen, der Zugriff auf das Gerät lässt sich zum Beispiel mit dem Passwort des Cloud-Accounts absichern. Leider wird hierbei das Passwort während der Eingabe im Klartext angezeigt und nicht durch Sternchen oder andere Zeichen ersetzt.
Ebenfalls positiv: Der Hersteller kümmert sich aktiv um die Behebung von Fehlern und um die Entwicklung neuer Funktionen. Während unseres Tests bekamen wir auf dem Display der Schreibmaschine den Hinweis, dass ein Update verfügbar ist. Dieses wird automatisch eingespielt, nachdem die Power-Taste, wie auf dem Display beschrieben, für einige Sekunden gedrückt wird. Innerhalb weniger Minuten war das Update abgeschlossen und wir konnten das Gerät wieder verwenden.Eine wichtige Funktion konnten wir wegen eines Hardwaredefekts an unserem Testgerät nur eingeschränkt testen: die mobile Nutzung. Denn der Akku unseres Testmusters lässt sich leider nicht aufladen, so dass wir die Freewrite nur am per USB-C angebundenen Netzteil nutzen konnten.
Der Hersteller verspricht ansonsten bei voll aufgeladenem Akku eine Nutzungszeit von mehreren Wochen, wenn das WLAN nicht dauerhaft aktiviert ist und rund eine halbe Stunde am Tag mit dem Gerät geschrieben wird. Für die angepeilte Zielgruppe der Autoren erscheint uns das eine relativ geringe Nutzungsdauer pro Tag, in Verbindung mit dem stromsparenden E-Ink-Display sollten aber tatsächlich Akkulaufzeiten möglich sein, die den Nutzer nicht unnötig einschränken.Das Schreibgefühl auf dem Gerät empfinden wir als angenehm. Die Cherry-Tasten haben eine angemessene Größe und einen guten Hub. Personen im gleichen Raum könnten sich jedoch durch den vergleichsweise hohen Geräuschpegel gestört fühlen. Wer schnell schreibt, sollte die Tasten am besten relativ sicher treffen, denn Tippfehler lassen sich nur durch komplettes Löschen des geschriebenen Textes korrigieren - oder nach der Synchronisierung des Gerätes mit dem PC. Perfektionisten könnten hier in Versuchung geraten, den gerade eingegebenen Text wieder komplett zu löschen, um Fehler zu beseitigen.
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Etwas ungewohnt könnte für einige Nutzer sein, dass das Gerät relativ hoch ist und die Tasten nach hinten hin leicht ansteigen. Die Handballen vor dem Gerät abzulegen, wie bei den meisten Notebooks üblich, dürfte nur für Nutzer mit großen Händen möglich sein. Wenn man das Gerät auf den Beinen abstellt, kann man aufgrund des Gewichtes und der Stabilität der Freewrite hingegen gut tippen.Vielschreiber müssen sich auch ohne WLAN-Verbindung keine Sorgen machen, dass ihnen der Speicherplatz ausgeht. Der interne Speicher fasst nach Angaben des Herstellers bis zu einer Million Textseiten. Die Dateien werden im txt-Format abgelegt und können auch per USB ausgelesen werden.
Wer seine Texte bereits für eine spätere Verwendung vorbereiten will, kann das tun. Die Freewrite-Schreibmaschine unterstützt Markdown-Befehle für die Formatierung, die entsprechende Umwandlung wird bereits im Postbox-Dienst des Herstellers vorgenommen, bevor die Daten an die gewählten Cloud-Dienste weitergeleitet werden. Damit lassen sich etwa Listen, Aufzählungen oder Fußnoten anlegen. Auch eine spezielle Syntax für Theaterstücke unterstützt die Freewrite.Etwas störend finden wir, dass das Display nach einem relativ kurzen Timeout auf den Bildschirmschoner umschaltet. Die Schreiboberfläche lädt nach einem kurzen Druck auf den Einschalter zwar umgehend wieder, doch wenn diese bereits nach kurzer Inaktivität manuell aktiviert werden muss, stört das den Schreibfluss. Der Timeout kann nicht vom Nutzer selbst verändert werden. Während des Schreibens selbst ist das Display hingegen sehr gut abzulesen - störende Reflexionen wie in den Laptop-Schminkspiegeln mancher Hersteller sind uns nicht aufgefallen.
Beim Schreiben wird der Nutzer aber ansonsten, wie vom Hersteller versprochen, nicht durch die Oberfläche des Gerätes gestört. Im kleinen Zweitdisplay kann auf Wunsch das Datum, die Uhrzeit, die Zeichen- oder Wörteranzahl oder auch gar nichts eingeblendet werden.Mit der Freewrite lassen sich nicht einfach nur Texte schreiben, mit etwas Spielerei kann man das Gerät auch als Twitter-Gerät nutzen. Ob das jetzt eine sinnvolle Funktion ist, sei dahingestellt - unterhaltsam ist es auf jeden Fall. Um die Funktion zu realisieren, haben wir das Gerät mit einem Evernote-Account verknüpft. Die Nachrichten von der Maschine werden in einem extra Evernote-Ordner abgelegt.
Per IFTT verbinden wir im nächsten Schritt sowohl den Evernote-Account als auch einen Twitter-Account. Schließlich weisen wir IFTT an, immer wenn ein neuer Text in den entsprechenden Evernote-Ordner synchronisiert wird, einen Tweet zu versenden, der den HTML-Body der Nachricht enthält. Wegen der verschiedenen Ordner auf dem Gerät selbst, könnten wir auch einstellen, dass nur Texte, die im Ordner C abgelegt werden, am Ende auf Twitter landen.Zu den technischen Details des Systems macht der Hersteller weder auf der Webseite noch im spärlichen Begleitmaterial Angaben. "Wenn es für den Nutzer nicht wichtig ist, werden wir es nicht veröffentlichen", sagte ein Sprecher des Herstellers. Auf Nachfrage von Golem.de teilte das Unternehmen aber mit, dass das System auf einem selbst designten Board mit einem Freescale-MX6-Prozessor läuft. Leider ist unser Testgerät verklebt, so dass wir keine genauere Analyse der verwendeten Hardwarekomponenten vornehmen konnten.
Ein Problem für Astrohaus könnte hingegen der Umgang mit dem Betriebssystem werden. Auch hier gibt es für Nutzer weder auf der Webseite noch am Gerät selbst Hinweise auf die verwendete Version. Der Hersteller bestätigte unsere Vermutung, dass das System Linux-basiert sei, machte aber keine genaueren Angaben.Problematisch: An keiner Stelle weist das Unternehmen auf die verwendeten Open-Source-Komponenten und die entsprechenden Lizenzen hin, auch ein "Written-Offer", um den Quellcode anzufordern, konnten wir weder auf der Webseite noch auf einem dem Gerät beiliegenden Zettel mit Garantieinformationen finden.